Bundesverkehrswegeplan (BVWP) rollt weiter Richtung umweltschädlicher Verkehrspolitik
Liebe Freundinnen und Freunde,
das Bundeskabinett hat in den NRW-Sommerferien den neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) beschlossen. Natürlich muss jedes Infrastrukturprojekt für sich genommen bewertet werden. Doch die verkehrspolitische Grundrichtung der Großen Koalition ist falsch: Dieser BVWP ist nicht nur handwerklich voller Fehler. Er ist die Betonierung einer straßenfreundlichen und umweltschädlichen Verkehrspolitik des Bundes. Der Plan ist deshalb nicht zukunftsfähig. Von seiten der Landtagsfraktion haben wir dies entsprechend in unserer Pressemitteilung sofort kommuniziert. Auch unser Bundestagsabgeordneter Oliver Krischer hat aus Bundessicht eine treffende Kommentierung abgegeben. Wir GRÜNE setzen dieser „Wünsch-dir-was-Liste“ der Vergangenheit eine Verkehrspolitik entgegen, die klare Priorität bei der Schiene setzt und Verkehr mit einer Netzplanung übergreifend denkt.
Wir wollen Euch mit diesem Kommunalinfo ausführlich über die wesentlichen Inhalte aus der Sicht der GRÜNEN Landtagsfraktion informieren.
Der BVWP ist ein Regierungsprogramm, das den Aus- und Neubau von Verkehrsinfrastruktur sowie die Finanzplanungen dazu über einen langfristigen Zeitraum darstellt. Er hat auch nach dem Kabinettsbeschluss noch keine rechtsverbindliche Wirkung. Verbindlich wird die Planung erst durch die sogenannten Ausbaugesetze, die vom Bund noch beschlossen werden, sowie die jährlichen Haushaltsgesetze.
Der letzte BVWP ist von 2003. Nach vielen Verzögerungen legte Bundesverkehrsminister Dobrindt im März einen Entwurf für den neuen BVWP vor, zu dem sich die Öffentlichkeit bis zum 2. Mai äußern konnte. Die GRÜNEN in Bund und Land kritisierten diesen Entwurf scharf. Er setzte nicht nur die falschen verkehrspolitischen Schwerpunkte, er war auch handwerklich schlecht gemacht: keine verkehrsmittelübergreifende Planung, keine Berücksichtigung von Umweltwirkungen, teilweise hanebüchene Kosten-Nutzen-Berechnungen, fehlende Netzanalysen und keine Alternativenprüfungen.
Im Beteiligungsverfahren wurde entsprechend heftige Kritik geäußert – sowohl zum Gesamtplan wie auch zu Einzelprojekten. Gemäß Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der GRÜNEN Bundestagsfraktion sind insgesamt rund 40.000 Stellungnahmen zum BVWP-Entwurf eingegangen. Auch unsere GRÜNE Landtagsfraktion hat eine ausführliche Stellungnahme verfasst.
Große Koalition ohne echte Bürgerbeteiligung
Doch es stellte sich schnell heraus, dass die von Verkehrsminister Dobrindt gepriesene Bürgerbeteiligung nur erfolgte, um den gesetzlichen Vorschriften nachzukommen. Inhaltlich spielte sie eine geringe Rolle. Nur so ist zu erklären, dass das Bundeskabinett gerade einmal drei Monate nach Fristende ihren BVWP nun beschlossen hat. Verbesserungen für eine moderne, nachhaltige Mobilität gibt es trotz einiger Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf nicht.
Für Aus- und Neubau im Bereich Straße waren für NRW im Vordringlichen Bedarf ursprünglich 6,2 Milliarden Euro vorgesehen, was nun auf 6,7 Milliarden Euro erhöht wurde. Heißt: Die Große Koalition hat den Plan noch mehr überzeichnet als er es eh schon war. Viele Projekte wurden gegenüber dem ersten Entwurf hochgestuft. Ansonsten gibt es nun einige Verschiebungen zwischen den Bedarfsstufen, bei den Bewertungskriterien und wenige Projektmodifikationen. Bei welchen Projekten etwas gegenüber dem ersten Entwurf geändert wurde, ergibt sich aus dem Bericht zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Für NRW finden sich die entsprechenden Informationen auf den Seiten 78 und 79 des Dokuments. Wenige Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf sind positiv (bspw. Abstufung B 66 Bielefeld), andere negativ. Insgesamt ist dieser „Plan“ weiterhin mehr eine „Wünsch-dir-was-Liste“ als konsistente Verkehrsplanung.
Union und SPD ignorieren Ausbaubedarf auf zentralen Bahnstrecken
Dies wird nach wie vor besonders deutlich bei der Schiene. Es ist zwar gut, dass der Ausbau für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) nun komplett enthalten ist. Die vorher vorgeschlagene teilweise Umsetzung war absurd. Dem Bahnknoten Köln inklusive dem mehrgleisigen Ausbau der linksrheinischen Hauptstrecke fehlt weiter eine klare Finanzierungsperspektive. Für den Abschnitt Bad Oeynhausen – Bückeburg wurde nun eine offene Formulierung gewählt, die viele Fragen unbeantwortet lässt. Der „Eiserne Rhein“ als Schienen-Anbindung des Hafens Antwerpen fehlt völlig. Bei der durchgehenden Zweigleisigkeit der zentralen Strecke Münster – Lünen gibt es wie auch bei Venlo – Viersen keine Änderungen gegenüber dem Entwurf. Sie verbleiben im ominösen „potenziellen Bedarf“, der eigentlich nichts anderes ist als das politische Eingeständnis des Bundes, mit dem BVWP im Bereich Schiene nicht fertig geworden zu sein und diese „Weichenstellungen“ mangels Interesse auf später zu schieben.
Eine Luftnummer bei Radwegen?
Ähnlich gibt es bei der Binnenschifffahrt als umweltfreundlichem Gütertransportmittel als Resultat der Beteiligung keinerlei Änderung. Offenbar wird diese viel zu dünne Projektliste durch die Bundesregierung selbst nicht ernst genommen. Nebulös ist ein Satz, den Bundesumweltministerin Hendricks nun feiert: So wird im BVWP nun neu formuliert, dass sich der Bund „im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten noch stärker am Bau von Radschnellwegen beteiligen“ will. Wie und mit welchen Mitteln ist derzeit absolut offen und wir wissen nicht, ob diese Ankündigung eine Luftnummer bleibt.
Wie geht es nun weiter? Wie erläutert ist der BVWP zunächst einmal nur der Plan der Bundesregierung. Die Ausbaugesetze sollen im Herbst im Verkehrsausschuss beraten und noch dieses Jahr im Bundestag verabschiedet werden. Beim Bereich Schiene (Bundesschienenwegeausbaugesetz) ist auch die Zustimmung des Bundesrates erforderlich.
Abweichungen vom BVWP sind noch möglich, aber unwahrscheinlich
Abweichungen der Ausbaugesetze vom BVWP sind möglich, allerdings ist politisch nicht zu erwarten, dass es dort zu gravierenden Änderungen kommt. Von seiten der Landtagsfraktion werden wir natürlich weiterhin sowohl auf Ebene des Landes wie auch in enger Kommunikation mit Berlin unsere Vorstellungen nachhaltiger umweltfreundlicher Verkehrspolitik nach vorne tragen. Auch zu Einzelprojekten sind wir selbstverständlich weiter im GRÜNEN Sinne aktiv. Wenn Ihr Fragen oder Anregungen habt, könnt Ihr Euch gerne an uns wenden.
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