Im Lokalteil der Printausgabe der WAZ und NRZ vom 23.04.2021 legt der Gesundheitsdezernent der Stadt Essen Peter Renzel bei der Frage nach den Inzidenzzahlen der Stadt Essen den Fokus der Betrachtung auf Menschen mit einem Migrationshintergrund und begründet damit die Höhe der Inzidenzzahlen in Essen. Man lese sich einfach die Namen der Infizierten Personen durch und zähle alle, die nicht Müller oder Fischer heißen. Der Sündenbock ist gefunden!
Die geschilderte Argumentationskette scheint dabei vordergründig logisch, nachvollziehbar und wird vermeintlich bestätigt durch die bekannten Vorurteile über Menschen mit internationalem Familienhintergrund und migrantischen Namen – was immer das sein mag.
„Alle über einen Kamm zu scheren ist zu einfach und populistisch. Peter Renzel vergleicht Äpfel mit Birnen, liefert fachlich fragwürdige Ergebnisse und eine populistische Schlussfolgerung,“ so der stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Essen, Yilmaz Günes (Bündnis 90/DIE GRÜNEN). „Die Frage lautet nicht, ob Menschen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich stark am Infektionsgeschehen beteiligt sind, sondern welche Berufsgruppen besonders betroffen sind, z.B. auch Taxifahrer*innen, Pizzabäcker*innen, Paketzusteller*innen, Reinigungskräfte; nämlich schlechtbezahlte Tätigkeiten, die nicht im Homeoffice durchgeführt werden können und oft von Menschen mit Migrationshintergrund bedient werden, die damit täglich dem Risiko einer Infizierung durch das Virus ausgesetzt werden.“
Auch der Vergleich der Stadtbezirke Norden gegen den Süden Essens hinkt wegen der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte. Während im Süden Essens ca. 1500 Menschen pro Quadratkilometer zusammenleben, sind es im Essener Norden ca. 4000 Menschen, so dass sich die Menschen rechnerisch drei Mal häufiger begegnen und damit das Infektionsrisiko erhöhen.
Eine differenzierte sozioökonomische Betrachtung zur Verbreitung des Virus kann der richtige Ansatz sein, diese sollte aber ohne vordergründige Vermutungen und Pauschalisierung erfolgen.
Die Vorstandssprecherin der GRÜNEN Essen, Anna-Lena Winkler, und Vorstandssprecher Markus Ausetz teilen die Bewertung von Yilmaz Günes: „Man kann nicht einfach Namenslisten nebeneinander legen und daraus einen Migrationshintergrund ableiten. Dieses Vorgehen führt zu rassistischen Verallgemeinerung und populistischen Pauschalisierungen und stellt eine ganze Gruppe unter Generalverdacht. Wir Grünen setzen uns dafür ein, Menschen in sozioökonomisch benachteiligten Stadtteilen besser zu unterstützen. Das fängt beim Zugang zu Testzentren an, reicht über gute und barrierefreie Informationsangebote bis hin zu Impfangeboten, die die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen.“
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